2023-09-20
Wir leben in einer Zeit, die sich in einem niederschmetternden Dilemma festgebissen hat. Wir sind reich, haben alle Möglichkeiten, die tollsten Technologien, historische Erfahrungen, unglaubliche Wissenschaftler, und obwohl es allen so gut geht, wie nie zuvor, sehen wir uns als kollektive Versager. Am Klima, am Sexismus, an Empathie, an sozialer Gerechtigkeit, nur um ein paar aufzuzählen. Wir leben in einer Ära der permanenten Enttäuschung.
Jeder Enttäuschung geht eine Erwartung voraus und sie setzt den Maßstab für Erfolg oder Versagen. Und da liegt das Problem, doch es ist komplex.
Wir haben uns seit den 80er Jahren, als der Individualismus begann, den gesellschaftlichen Konsens zu übernehmen, in eine Erwartung einer heilen Welt begeben. Das ging gut, solange sie, zumindest im Anschein, kommerziell darstellbar war. Viele Menschen haben daran verdient und viele verdienen weiterhin sehr gut daran, dass wir mit sehr hohen Erwartungen an individuellen Lebenskomfort Ansprüche haben.
Doch es hat sich verschoben. Die Themen sind andere geworden, zu solchen, die kommerziell nicht anbietbar sind, wie ökologische Reinheit, soziale Gleichheit, zum individuellen Anspruch auf Schutz vor allen Gefahren. Es leben weiterhin viele Menschen davon, diese Erwartungen zu schüren mehr und mehr Forderungen an eine Gesellschaft zustellen, die diesen Forderungen ratlos gegenübersteht. Wir bewegen uns dabei in Extreme, in denen sich scheinbar maßlose Forderungen scheinbar verachtenden Ablehnungen feindselig gegenüberstehen. Eine dramatische Quelle gesellschaftlicher Spaltung, in der am Ende erst einmal immer die ablehnenden Verteidiger gewinnen, denn sie wollen einfach nur überleben, während die anderen eine Mission haben.
Wer Beziehungen lebt, wer Vertrieb gelernt hat, weiß, dass das Management der Erwartung die wichtigste Disziplin ist. Das ausbalancieren von Bedürfnissen, Möglichkeiten und Zögerlichkeit. Das gilt für Individuen, aber es gilt noch mehr für Gesellschaften. Das führt zur Kernkompetenz von Populisten. Sie sind begnadete Verkäufer und sie arbeiten mit Erwartungen, in der Regel die der Anderen, die Vertreter der verachtenden Ablehnung. Ist das schlecht? Nein. Es ist ein Anzeichen, dass es mit den Erwartungen ein Problem gibt.
Innovationen sind selten erwartet, sonst wären es ja keine. Doch Erwartungen, sind sie einmal geschürt, sind beharrlich. Sie zu überwinden, dafür braucht eine Innovation viel Kraft, oder viel Charme.
Admin - 22:58:05
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