2023-05-07
Krönung
Ich glaube, alle haben mitbekommen, dass das Vereinigte Königreich gestern einen neuen König gekrönt hat. Ich habe mir die Frage gestellt, es aus einer Eltern-Kind Beziehung macht, wenn von vorneherein klar ist dass die Eltern den wichtigsten Tag im Leben des Kindes nicht erleben werden … aber darum geht es hier nicht.
Es geht um die Frage, ob solche Veranstaltungen zeitgemäß sind. Und um es kurz zu machen: Ich bin seit langem der Auffassung, dass gerade Moderne, rational geprägte Gesellschaften Rituale wie dieses dringend brauchen, auch wenn ich es selbst nur phasenweise aushalte, zuzusehen (außer ich wäre live dabei gewesen in der Abbey, ich geb‘s zu).
Wir leben in einer Welt der Wissenschaftlichkeit und der Berechenbarkeit. Das prägt unser Handeln und unsere Entscheidungen. Und wir klagen über Gesellschaftlichen Zerfall, Egoismus und politische Extrembildungen.
Denn tatsächlich ist nur ein Bruchteil unseres Lebenskontextes technisch konstruiert oder berechenbar. Der Großteil ist einfach ausgedacht, findet in unseren Köpfen statt und bedarf einer ständigen Erneuerung als Idee, die uns gemeinsam trägt. Das fängt bei der Sprache an, geht über das Staatswesen, das Geld, das Rechtswesen, die Literatur, die Moral, und so weiter. Alles Ideen und Konzepte, die aus einem gesellschaftlichen Konsens entstanden sind, der dazu da ist, dass wir es miteinander aushalten. Und es sind keine Perfekten Ideen, sie werden kontinuierlich angegriffen und missbraucht und bedürfen der Pflege. Müssen hinterfragt werden und angepasst.
Künstliche Intelligenz käme nie auf so eine Idee. Sie würde all diese Konzepte als gegeben nehmen und sie wie ein Automat anwenden. Die Aufgabe, diese Konzepte und Ideen immer wieder weiterzuentwickeln, liegt bei uns. Das nennen wir Politik und das ist ein anspruchsvolles Geschäft, das sich immer nur mit Fragen befasst, für die es keine fertigen Konzepte gibt. Alle anderen Fragen erledigt nämlich die Verwaltung.
Diese Politik braucht etwas anfassbares, das geeignet ist, sich mit ihr als streitbares Ganzes zu befassen. Und das sind Solche Dinge. Rituale, Zeremonien, hervorgehobene Rollen und Objekte. Jedes Land hat seine eigenen Formen, solche Dinge zu zelebrieren und wir tun es in der Regel eher zu wenig als zu viel. Daher kommt ja unser sozialer Zerfall. Aus dem Fokus auf das Rationale und aus dem Verlust des Bekenntnisses zur Gemeinschaft. Und solche Bekenntnisse verlaufen nun einmal rituell, anders geht es nicht. Dazu haben die Christen die Messen erfunden, die Sozialisten die Fahnenweihe und die Bundeswehr den großen Zapfenstreich.
Ist eine Krönung also innovativ? Nein, an sich nicht, dazu ist sie ein viel zu lange eingeübtes Ritual. Aber eine Krönung erlaubt Innovation, denn sie schafft Stabilität mit deren Hilfe sich eine Gesellschaft um innovative Fragen kümmern und streiten kann.
Admin - 20:48:11 | Kommentar hinzufügen
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Der Bisherige Blog ist durch einen Telekom Fehler nicht mehr bearbeitbar - ich weiss nicht, was geschieht, ob er Geschichte wird? wir werde sehen. Innovation kennt wohl Grenzen.
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