2022-01-09
Ein skurilles Phänomen unserer Zeit ist der Kriegszustand zwischen Fakten und Glauben. Er trennt zwei Welten auf eine völlig andere Weise, als ihre Protagonisten es wahrnehmen.
Evolutionär betrachtet könne man es so trennen, dass Fakten die Fähigkeit sind, Risiken zu vermeiden und Glaube die Fähigkeit ist, Risiken einzugehen. Beides hat nicht nur seine Berechtigung, vielmehr, beides gehört untrennbar zusammen.
Ohne das Eingehen von Risiken wären wir immer noch Amöben im Urozean oder zumindest Affen im Urwald. Nur durch das Glauben ein eine Möglichkeit, eine gemeinsame Möglichkeit, haben es die Menschen geschafft, sich zum beherrschenden Wesen dieses Planeten zu entwickeln, Kultur zu erschaffen und Ideen zu erzeugen, die viele begeistert haben. Und die Kultur ist es, die uns von den Wildtieren unterscheidet, die im Wald leben und jagen oder von den Nutztieren, die wir unterdrücken und essen.
Andererseits haben die Fakten, das präzise Beobachten, das Forschen, Messen und Analysieren, dem Glauben stets ein Gegengewicht verpasst, dass sich das kulturelle Selbstverständnis nicht zu weit von den Wirklichkeiten der Natur entfernt.
Derzeit erleben wir mit Covid eine ziemlich heftige Wirklichkeit der Natur, die faktisch zuschlägt. Und wir erleben, wie das mächtige Gebäude der Kultur ins Wanken gerät, weil die beiden Kräfte, der Glaube und die Fakten, in einer Weise aufeinanderprallen, auf die wir in unserem erfolgsverwöhnten Dasein nicht vorbereitet waren.
Wir lernen gerade, dass uns die Natur doch immer wieder entwischt und dass wir sie niemals beherrschen werden. Die Macht der Fakten ist also begrenzt. Ohne den Glauben werden wir demnach nicht auskommen, wenn wir nicht den Mut verlieren wollen und die Fähigkeit, als Gesellschafft miteinander auszukommen.
Glaube ist demnach innovativ, denn er schafft erst die Möglichkeit zu Forschen. Der Wirklichkeit des Ist-Zustandes zu entwischen und das dann möglicherweise faktisch zu begründen.
Admin - 00:35:11
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