2021-11-02
Der Konservatismus ist ja in seiner Grundanlage nicht innovativ, da er genau die Veränderung scheut. Er will erhalten. Nun leben wir in einer Zeit, in der der Konservatismus in der Krise steckt. Seit Helmut Kohl war eine Leichtigkeit ins konservative Weltbild eingedrungen, die da sagte: werd einfach reich! Der Neoliberalismus hatte das Konservative vereinnahmt, hatte ein Jahrhundertealtes Wertekonstrukt mit dem Glauben an den Markt weggefegt und die Verantwortung an genau diesen abgegeben – erlaubt ist was verkäuflich ist. Der Konservative musste um gar nichts mehr kämpfen, es lief einfach mit dem Markt.
Die Kombination aus Merkelabtritt, Wiedererstehen der Sozialdemokratie und Klimawandel hat dann in kürzester Zeit das Blatt gewendet und wieder Werte in die Welt katapultiert. Respekt, Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit. Ein Schock für all jene, die geglaubt hatten, sich mit solchen sozialen Fragen nicht mehr befassen zu müssen.
Der Reflex der Konservativen an dieser Stelle ist in anderen Ländern durchaus innovativ: Sie ersinnen ein alternatives Wertekonstrukt aus einer Ablehnung von Verantwortung (Klimawandel ist natürlich!) gemischt mit einer moralisch geprägten Selbstbehauptung (man wird doch noch!) und einer aggressiven Verteidigungshaltung (das geht doch alles nicht!). Alles Ansätze, die einer breiten Mehrheit nicht vermittelbar sind (außer in den USA).
Die Konservativen stehen daher vor dem besonderen Problem, sich neu erfinden zu müssen, wobei genau das ihrem Erhaltungscredo völlig widerspricht. Eine ganz besondere Erfahrung von Innovation mit offenem Ausgang.
Admin - 23:57:52
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