2021-06-06
Könnte ich das Unwort des Jahres wählen, ich würde „Muss“ nehmen. „Muss“ ist eine Verabsolutung von Meinungen, die sich wie ein Gift in die gesellschaftliche Debatte eingeschlichen hat.
Muss postuliert einen Sinn, ein Ziel das angestrebt wird. Dieses Ziel wird aber sehr selten genannt. Die Regierung muss künstliche Intelligenz nutzen, der Papst muss das Zölibat abschaffen, die Sozialdemokraten müssen sich für jede Idee, die sie vor 20 Jahren mal hatten, schämen. „Muss“ ist das Lieblingswort der Presse, der Kommentatoren, der Lobbyisten. „Muss“ drückt einen Wahrheitsanspruch aus, wie wir ihn der Katholischen Kirche zurecht um die Ohren hauen und „Muss“ ist das uninnovativste Wort unsere Sprache, denn es schließt Alternativen aus, andere Ideen aus.
„Muss“ ist, wenn dann, zweckgebunden sinnvoll. „Wenn die Sozialdemokraten die Wahl gewinnen wollen, müssen sie mehrheitsfähige Positionen vertreten“. In der ehrlichen Debatte sollte allerdings eher das Wort „müsste“ vorkommen, denn das macht klar, dass es sich um Optionen und Meinungen handelt.
„Muss“ hat schon seine Nischen. Ein Mensch muss aufs Klo oder muss etwas essen, ein leidenschaftlicher Mensch muss seiner Leidenschaft folgen. Aber „muss“ ist immer relativ.
„Muss“ muss in seine angemessene Sprachnische verwiesen werden!
Admin - 21:05:29
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