2025-01-12

Freiheit

Eines meiner Lieblingsthemen, denn nichts ist so widersprüchlich wie Freiheit. Freiheit von etwas oder Freiheit in etwas, das ist die erste Unterscheidung. Freiheit von etwas bedeutet Kampf, Widerstand und Triumph über die Einschränkung. Freiheit in etwas bedeutet, einen geschützten Raum zu haben, in dem man sich ohne Furcht und Widerstand bewegen kann. Wobei die Freiheit in etwas genau diesen geschützten Raum braucht, der auch einen Bezug darstellt, in dem die Bewegung überhaupt Sinn macht. Alleine im All schweben ist zwar frei, aber weder sinnvoll noch erstrebenswert. Sprich: jede Freiheit brauche ihre Ordnung, ihre Unfreiheit, innerhalb der sie stattfindet.

Dieser Grundgedanke ist derzeit aktueller denn je. Technische Innovationen der vergangenen Jahrzehnte haben vor allem „Frei von“ gemacht. Frei vom Zwang, einkaufen zu gehen, frei von der Notwendigkeit, Landarten zu lesen, frei von der Herausforderung, in freier Wildbahn einen Partner zu finden, frei von der Notwendigkeit, lesen und schreiben zu können, etwas weiter getrieben, frei von der Forderung, Entscheidungen fällen zu müssen.

Das „Frei von“ ist so weit auf die Spitze getrieben, dass kaum ein „Frei in“ mehr übrig bleibt. Es gibt ja auch keinen Grund, wenn Algorithmen einen besser kennen als man selbst, und die Entscheidungen für einen abnehmen.
Die soziale Welt gerät derzeit etwas aus den Fugen, Arroganz auf der einen Seite, Hass auf der anderen, Empörung und Festhalten an eigenen Wahrheiten führen zu einer Sprachlosigkeit, die wieder zu einer weitere Isolation in getrennten Räumen führt, in denen man frei ist, von den Attacken der andren. Sogenannte soziale Medien haben durch die Personalisierung freie Räume unfrei gemacht und die Menschen flüchten sich in von Algorithmen kuratierte Blasen des Wohlfühlens. Derzeit scheint es, dass mangels Sprachfähigkeit nur noch die Herrschaft über die Algorithmen über den demokratischen Prozess entscheidet.

Es ist ein klassischer Transformationseffekt, wie er in der Geschichte häufig vorgekommen ist, besonders in Zeiten großer Innovationen, wie des Buchdrucks oder des Schießpulvers. Erst beeindruckt der Vorteil, dann schleichen sich die Schattenseiten in die Wirklichkeit und am Schluss muss sich eine Gesellschaft intensiv damit auseinandersetzen, wie sie mit den Neuerungen umgeht, damit das Leben sich auf gute Weise weiterentwickelt.

Es ist noch lange nicht zu Ende.