2021-05-01

Lebenshelfer

Viele meiner Gespräche gehen zuletzt über die Frage, Impfen ja oder nein? Über all das, was schief gelaufen ist, über das Gefühl, überrumpelt zu werden, etwas tun zu müssen, was man nicht will … . Es sind diffuse Gefühle von Menschen, die mit sich ringen, weil sie das erste Mal Angst haben. Und es sind ausnahmslos Menschen, die das vorher gar nicht kannten. Die sicher und glücklich lebten, ihr Leben, unpolitisch, unterstützt von zahlreichen Helfern aus Technik und Gesellschaft, komfortabel und leicht.
Und es fällt mir auf: es gibt einen Zusammenhang zwischen dem komfortabel unpolitischen vorher und der querdenkertendenziösen Hilflosigkeit und Empörung jetzt. Denn es sind die politisch ungeübten, die jetzt auf die lauten Töne hereinfallen, weil sie nie gelernt haben, dass gesellschaftliches Handeln immer ein Aushandeln ist, eine Auseinandersetzung, ein Kompromissfinden – und niemals ein Anspruch. Es ist meine persönliche Empirie, aber sie ist überzeugend. Der „Myself“ Trend mit einem rundum versorgten leichten Leben führt in eine Unmündigkeit, die im Moment der Krise zur echten Gefahr wird.
Wir sollten uns gut überlegen, wie wir mit Lebensoptimierung umgehen. Da geht es um Technik, da geht es um Ansprüche, da geht es auch um ganzen Themenkomplex der Korrektheit. Lieber nicht perfekt, dafür robust, als perfekt und eigentlich nicht tauglich zum Leben in seiner bedrohlichen Vielfalt.
Was hat das mit Innovation zu tun? Innovation ist das Gegenteil von Perfektionierung.

Admin - 17:32:16 | Kommentar hinzufügen