2022-08-28

9 Euro Ticket

In drei Tagen läuft es aus, das mutige Experiment des Öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland. Gestartet aus dem Druck, auf gestiegene Benzinpreise zu reagieren, umgesetzt in der Hoffnung, Menschen dauerhaft in öffentliche Verkehrsmittel zu locken, der Umwelt und der Attraktivität der Städte zu Liebe. Es war und ist jedenfalls eine Innovation. Systemverändernd in der Hinsicht, dass der gewöhnliche Personentransport nahezu ganz zur gesellschaftlichen Aufgabe erhoben wurde und somit zum Ausdruck bringt, dass es ein gemeinschaftliches Interesse ist, dass alle sich gut und leistbar im öffentlichen Raum bewegen können. Eine Innovation die gleichzeitig ökonomisch, ökologisch wie sozial ist. 

Es gab jede Menge Kritik die von vorneherein absehbar war. Zu volle Züge, Ansteckungsgefahr, es ist ja noch Covid, Entwertung des Systems und dass keine Fahrten verlagert sondern zusätzliche entstanden sind – Lustfahrten, die andernfalls ausgeblieben wären. Und doch kenne ich hauptsächlich freudige Reaktionen.

Es gibt nun zwei Möglichkeiten: erkennen, dass Fehler geschahen und das Projekt damit als gescheitert erklären oder erkennen, dass Fehler geschahen und daraus lernen. Es kommt darauf an, was man anstrebt: Gerechtigkeit oder Gerechtigkeit. Die eine Gerechtigkeit, die allen gleich die Bewegung im öffentlichen Raum verspricht und die andere Gerechtigkeit, die verlangt, dass eine persönlich empfangene Leistung auch persönlich bezahlt werden muss. Ist der Personennahverkehr so etwas wie Schulen, Krankenhäuser, Polizei, Müllabfuhr oder Straßenbau oder ist er so etwas wie ein Mietwagen oder ein Platz in der Oper?
 
Es wurde eine grundsätzliche Auseinandersetzung zu einem grundsätzlichen Thema gestartet, die Einfluss darauf haben wird, wie wir uns als Gesellschaft entwickeln. Allein diese Auseinandersetzung zu führen ist das 9 Euro Ticket bereits wert. Denn es geht um sehr viel mehr als um 9 Euro.

Admin - 23:15:19 | Kommentar hinzufügen