2022-04-26

Cowboys

Frei auf dem Feld in der Prärie – die Koyoten heulen, die Geier kreisen, die Bösen werden erlegt und die Schöne im Saloon schmilzt dahin. Das Bild des Cowboys als Held der jungen Moderne hat eine Romantik zum Überschlagen.

Was habe ich mich gestritten mit Kollegen über die Rolle des Helden, der als einsamer Herrscher über sein Metier Probleme löst und dabei andere beeindruckt mit seiner Kunst. Der Held, und der Cowboy ist einer, der gerne ein Held wäre, aber dann doch lieber die Einsamkeit sucht, ist kein Erfolgskonzept. Der Held ist eine Theaterfigur der Geschichte, schön, schillernd, schaurig doch einsam. Denn der Held ist nicht sozial. Er verfolgt nicht die Prinzipien, die die Gesellschaft erhalten, er sondert sich ab, um anders zu sein und versucht, daraus Anerkennung zu schöpfen.

Das kann ein Erfolgskonzept sein. Elon Musk ist so ein Cowboy. Er macht sein Ding, ist radikal und unsozial, das noch dazu öffentlich, wie der Held im Wildwestfilm. Einsam, in sich vergraben, mit edler Meinung und Gesinnung, radikal, mehr Worte als in Twitter passen gibt es eh nie. Das wird von vielen bewundert. Aber Helden stehen außerhalb der Kultur, sie sind eine Erinnerung an das wilde Tier, das frei sein will und kämpft, das keinen Sinn für das Böse hat, sondern nur für das Überleben. Die Sehnsucht nach diesem Dasein wohnt vielen weiterhin inne. Sie ist nicht weit weg von unserer evolutionären Geschichte und wir erleben ihren Stolz, wenn wir einen Hirschen sehen, einen Elefanten, einen Stier.

Während ich das schreibe fällt mir auf, dass wir kein einziges Raubtier mit Heldentum verbinden. Klassische Helden töten nur ihre Feinde, doch Cowboys töten die, die stören.

Zurück zu Elon Musk. Er ist ein Cowboy und er profitiert davon, dass wir als Gesellschaft vergessen haben, das Soziale als Kriterium unserer Bewunderung zu nutzen. Er geistert als einsames, wütendes, hungriges Tier herum, verwundert, dass niemand es daran hindert, zu jagen, bereit, seinen Weg zu gehen, weil es geht.

Das Cowboytum des Elon Musk scheint innovativ, denn er geht radikal einen Weg, den sich niemand anderes so radikal zu gehen getraut hat. Doch es ist eine Innovation mit dem Motiv der Verachtung. Sie umgeht das zentrale Erfolgskonzept der Menschheit, die soziale Einigung, das Palaver, der Kompromiss. Elon Musk ist eine Provokation, er weiss das und daher kauft er Twitter als Marktplatz der Provokation. Er ist ein Cowboy und ein Cowboy ist nichts anderes als ein einsamer Junge, der sich nach einer Kultur sehnt, die er nicht kennt. Wirklich innovativ ist er nicht.

Admin - 22:04:24 | Kommentar hinzufügen

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